Eine ganz besondere Geschichte……
Angelo von Nettetal, Friesenhengst, 19 Jahre
Als ich Angelo das erste Mal gesehen habe, lag der 5-jährige Hengst seelenruhig auf seinem Strohbett in einer Scheune, neben ihm sein Kumpel, eine Ziege.
Proberitt, Ankaufsuntersuchung, Preisverhandlung, alles war ab diesem Moment reine Formsache. Mein Herz hatte ihn bereits im ersten Augenblick gekauft. Doch was uns alles in den kommenden Jahren erwarten sollte, hätte ich in diesem Moment nie zu träumen gewagt.
Unsere Anfangszeit war nicht immer einfach. Er hat am Boden und im Umgang viel
Imponiergehabe gezeigt. Sein Repertoire an Zirkuslektionen wie spanischer Schritt und Steigen war noch nicht in kontrollierbare Bahnen gelenkt. So wurde ich nicht selten auf zwei Beinen begrüßt. Unterm Sattel war er hingegen immer artig. Neben rossigen Stuten ins Gelände zu gehen, war kein Problem. Während wir so langsam immer besser zueinander fanden, entdeckte ich gemeinsam mit meiner Trainerin sein Talent für die Dressur. Mit dem Ehrgeiz den er an den Tag legte, entdeckte ich auch meine eigene Willensstärke. Ich verlor die Hälfte meines bisherigen Körpergewichts und fand mit ihm gemeinsam mein Selbstvertrauen.
Obwohl wir hart trainierten, fühlte es sich dennoch so leicht an. Erfolgreiche Turniere bis zur Klasse M, Lektionen der Klasse S, sowie kleine und große Showauftritte, wie z. B. im Rahmen der Pferd und Sinfonie anlässlich des CHIO Aachen durften wir gemeinsam erleben.
Das schönste Gefühl an all dem war immer, dass ich wusste, ich kann mich immer und in jeder Situation auf ihn verlassen. Egal vor welche Herausforderungen ich
ihn gestellt habe, er ist ohne zu zögern sprichwörtlich und buchstäblich mit mir durchs Feuer marschiert. Einfach so. Vertrauen gegen Vertrauen.
Wir haben einen langen gemeinsamen Weg hinter uns, voller Höhen und auch manchen Tiefen. Nach einer Operation an seinem Hinterbein habe ich mich dazu entschieden ihn nicht mehr in der hohen Beanspruchung zu reiten, damit er noch lange gesund laufen kann. Ich habe ihm versprochen, immer für ihn da zu sein – bis zum letzten Atemzug.
Im Oktober 2017 dachte ich dieser Moment sei gekommen, er baute innerhalb von 45 Minuten stark ab. Leichte Kolik mit einem Herz-Kreislaufzusammenbruch. Er lag ganz flach mit dem Kopf auf meinem Schoß.
Ich hatte ihm bereits die Augen geschlossen und wollte ihn gehen lassen. Während der Tierarzt ihn untersuchte, hörte er auf zu atmen. Aber sein Zeitpunkt war noch nicht gekommen, ein Glück! Der Tierarzt konnte ihn reanimieren und plötzlich stand er wieder neben mir und wollte leben!
Weder Klinikaufenthalte noch sämtliche Untersuchungen ließen die Ursache für seinen Zusammenbruch erklären. Heute spielt es auch keine Rolle mehr. Was zählt ist, dass er noch da ist und seitdem frecher und munterer ist als je zuvor. Er benimmt sich, als hätte er einfach nichts mehr zu verlieren. Wir gehen viel ins Gelände, fahren ein bisschen Kutsche oder machen etwas Dressurgymnastik. Aber an manchen Tagen möchte er unbedingt auch ein paar Lektionen abrufen. Angelo ist der unangefochtene König im Stall und wir machen alles was ihm Spaß macht. Ich bin dankbar für jeden Tag an dem er aufblüht und voller Lebensfreude ist! Er braucht immer eine Aufgabe. Aktuell hat er sich zum Ziel gesetzt, mich bei der Erziehung meiner beiden jungen Nachwuchspferde zu unterstützen.
Ich hoffe wir haben noch viele wunderschöne gemeinsame Jahre und ich bin dankbar für jeden Augenblick.
Angelo hat mir alles gegeben, mich dazu gebracht mich selbst zu finden.
Hast auch Du so eine besondere Geschichte? Dann schreibe sie gerne in das Kommentarfeld. Ich bin gespannt.